Ära der Schnellboote in der Marine geht zu Ende

 

Es ist eng, heiß und laut auf den Schnellbooten. Viele Marinesoldaten haben auf den kleinen, aber robusten Booten ordentlich geschimpft. Dennoch gibt es Wehmut – die Tage der Schnellboote sind gezählt.

Von Joachim Mangler

Rostock. An Freitag werden die zwei Schnellboote "Wiesel" und "Zobel" der Deutschen Marine in Rostock-Warnemünde einlaufen. Wie schon seit 2006 viele Schiffe vor ihnen, kehren sie vom Unifil-Einsatz für die UNO vor dem Libanon zurück. Doch werden vor allem die altgedienten Marinesoldaten das Einlaufen mit ein wenig Wehmut begleiten.

 

Dieses Gefühl zu haben, bestätigt auch der scheidende Inspekteur Axel Schimpf, der selbst zu Beginn seiner Karriere von 1978 bis 1981 ein Schnellboot geführt hat. "Die Marine hat jedoch mit den Korvetten, die ebenfalls in Warnemünde beheimatet sind, einen mehr als adäquaten Ersatz", erklärt er. Diese seien auf die heutigen Herausforderungen ausgerichtet. Bis Ende 2016 werden die verbleibenden acht Schnellboote außer Dienst gestellt. Bis dahin werden die im Schnitt 30 Jahre alten Boote nur noch für Ausbildungszwecke eingesetzt.

 

"Die Schnellboote hatten ihre Zeit", sagt Schimpf. Sie wurden unter dem Eindruck des Ost-West-Konflikts für die Ostsee konzipiert. Die gut 40 Meter langen Boote waren spezialisiert auf Angriffe aus küstennahen Gewässern gegen gegnerische Seestreitkräfte. "Sie können mit hoher Geschwindigkeit einen Angriff mit Torpedos oder Flugkörpern vortragen und dann rasch in den Schutz der heimischen Küste zurückkehren", erklärt Fregattenkapitän Achim Winkler. Der 56-Jährige war Anfang der 1990er Jahre für zwei Jahre Kommandant auf einem der "Ostsee-Mopeds", wie die Boote von Besatzungsmitgliedern großer Schiffe eher respektlos genannt wurden.

 

Nach dem Wiederaufbau der Bundeswehr war die Aufgabe der Bundesmarine auf Einsätze in Ost- und Nordsee definiert. Die großen Ozeane, auch das Mittelmeer, spielten in der Strategie der damaligen Militärs keine große Rolle. So gab es denn in Zeiten des Kalten Krieges gleich vier Schnellboot-Geschwader mit jeweils zehn Booten.

 

Sie waren jahrzehntelang die Arbeitstiere der Marine

 

Sie waren jahrzehntelang die Arbeitstiere der Marine, erklärt Winkler, der nach eigenen Worten auch ein wenig traurig auf das Ende der Ära blickt. Die Technik ist im Vergleich zu modernen Kriegsschiffen eher robust – und auch heute nicht zu verachten. Bei den aktuellen Diskussionen um Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr spielen Schnellboote keine Rolle. So hat der "Wiesel" im August 2013 in Warnemünde abgelegt. In der Zwischenzeit seien mit drei Besatzungen knapp 110 000 Kilometer problemlos zurückgelegt worden.

 

Seit der politischen Wende haben sich die Aufgaben der Bundesmarine gewandelt. Sie muss künftig für die Sicherheit von internationalen Seewegen sorgen. Nach Worten von Schimpf gilt es, ein sicheres Umfeld dafür zu schaffen, dass sich die maritime Wirtschaft entfalten kann.

 

Zudem werden sich nach Überzeugung der Admiralität künftig die Krisen der Welt in küstennahen Gebieten abspielen. Darauf müsse die Marine vorbereitet sein – mit Schnellbooten ist das nicht zu machen. Die Korvetten können mit ihrer Bewaffnung landgestützte Ziele angreifen und mehr als sieben Tage ohne Unterstützung und Landberührung unterwegs sein.

 

Zudem sind Schnellboote sogenannte Ein-Wachen-Boote. "Es ist keine Ablösung vorgesehen, man kann die Besatzung nicht rotieren lassen", sagt Winkler. Und sie haben wegen ihrer hohen Motorleistung einen immensen Spritverbrauch und können schon deshalb nicht mehrere Tage oder gar Wochen ununterbrochen in See stehen.

 

Marine muss mehr bieten als Abenteuer auf hoher See

 

Die Besatzungen haben seit 2006 im Unifil-Einsatz vor dem Libanon eine gewaltige Leistung vollbracht, sagt Winkler. Denn es ist eng und heiß in den kleinen Booten, der Komfort geht gegen Null. Auch mit Blick auf die schwierige Personalsituation muss die Marine ihrem Nachwuchs mehr bieten als vermeintliche Abenteuer auf hoher See.

 

Altgediente Schnellboot-Fahrer können sich noch an eine Szene aus den 80er Jahren erinnern, als ein Schnellboot bei einer internationalen Übung in einem dänischen Hafen von einem "gegnerischen" Schlauchboot erwischt und symbolisch "versenkt" wurde. Zur Erinnerung gab es ein Set Dartpfeile, die zur Feindabwehr gedacht waren. Darüber hinaus ging kein Boot verloren, es musste nie scharf geschossen werden.